Germann Auktionshaus AG
Teil I: Gemälde, Papierarbeiten & Skulpturen, Lot 1-137
Montag, 27. November 2023, 18:00 Uhr

Franz Gertsch, Lucianos Leibchen (Fragment IV)

Lot 99

Franz Gertsch, 1930-2022 (CH)

Lucianos Leibchen (Fragment IV), 1976

Acryl auf ungrundierter Baumwolle.
H 315 mm B 335 mm.

Unten rechts signiert und datiert: Franz Gertsch, 76. (Rahmen).

CHF20'000 / 30'000
EUR20'000 / 30'000
USD22'000 / 33'000

Zuschlagspreis: CHF 24'000

Provenienz:
Galerie Bernard, Grenchen;
Schweizer Privatbesitz.

Ausstellungen:
Wien, Museum moderner Kunst/Kunsthalle Bern, Johanna II, 1986;
Burgdorf/Bern, Museum Franz Gertsch/Kunstmuseum Bern, Franz Gertsch. Die Retrospektive, 13. November 2005 – 12. März 2006 (verso mit Etikett);
New York, Swiss Institute, Franz Gertsch: Polyfocal Allover, 19. September – 2. Dezember 2018.

Literatur:
Dieter Ronte. Franz Gertsch. Mit einem Essay von Jean-Christophe Ammann. Bern 1986, Abbildung Seite 128;
Ausstellungskatalog. Franz Gertsch – Die Retrospektive. Ostfildern-Ruit 2005, Nr. 37b, Seite 124, Farbabbildung;
Ausstellungskatalog. Franz Gertsch – Polyfocal Allover. Swiss Institute, New York; Lars Müller Publishers, Zürich; Karma, New York 2020, Seite 104, Seite 62/75, ganzseitige Farbabbildungen.

Anmerkung:

Im Werk "Lucianos Leibchen (Fragment IV)" von 1976 hebt Franz Gertsch ein ausgewähltes Detail hervor: er fokussiert den Ausschnitt zwischen linker Schulter, Hals und Haaren und nimmt Bezug auf sein ebenfalls 1976 entstandenes grossformatiges Werk "Luciano II" (siehe Abb.), in dem er den damals 20-jährigen Luciano Castelli im gestreiften Leibchen im Profil sitzend porträtierte.
Franz Gertsch und Luciano Castelli lernen sich zu Beginn der 1970er-Jahre über den Direktor des Luzerner Kunstmuseums, Jean-Christoph Ammann, kennen. Fortan wird Castelli zum favorisierten Modell von Gertsch. Der freigeistige und ausschweifende Lebensstil Luciano Castellis und die genderfluide Inszenierung seiner Freundinnen und Freunde faszinieren den Künstler, der die Clique nun regelmässig besuchen kommt. Die Villa Reckenbühl in Luzern, die Castelli von seinem Onkel zur Verfügung gestellt bekommt und als Kommune nutzt, wird zum Schauplatz extravaganter Parties und kreativer Zusammenkünfte, die der rund 20 Jahre ältere Gertsch als Beobachter dokumentiert, fotografiert und später als fotorealistische Malerei auf die Leinwand bringt. Die Villa Reckenbühl formt sich zu einer Bühne, auf der die Grenzen zwischen realem Leben und Theater verschwimmen – das Leben selbst wird zur Kunst und Franz Gertsch ist unmittelbar dabei.
Anders als bei den Darstellungen geselliger Runden oder Partyszenen zeigt Gertsch den jungen Castelli im Werk "Luciano II" in einem alltäglichen, zugleich intimen Moment. Präzise fängt er einen Augenblick des Innehaltens ein.
Bei der hier angebotenen Arbeit handelt es sich um einen von vier Ausschnitten aus dem grossformatigen Gemälde "Luciano II". Mit dem Werk "Lucianos Leibchen (Fragment IV)" betreibt Gertsch Detailarbeit – er lädt zum genauen Hinsehen ein.